Neuromuskuläres Zentrum Ulm (NMZU)

Als erstes an einer Universität eingerichtetes Muskelzentrum Deutschlands wurde das Neuromuskuläre Zentrum Ulm (NMZU) 1993 gegründet. Es ist ein fest installiertes Bindeglied in der klinischen Betreuung (Diagnostik und Therapie) von Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen sowie der Erforschung dieser Krankheitsbilder. Hauptschwerpunkte bilden Erkrankungen der motorischen Systemdegenerationen (ALS, SMA), die hereditäre spastische Spinalparalyse (HSP), Krankheiten des Muskels (Myotonien, periodische Lähmungen, Muskeldystrophien, Myositiden) und die Anlage zu maligner Hyperthermie (MH). Zu den Spezialsprechstunden gehört auch die Palliativ- und die Dysphagie-Sprechstunde. Die Einrichtung ist Mitglied im European Consortium of Respiratory Insufficiency, in BMBF Netzwerken MND-Net zu Motoneuronerkrankungen und IonNeurONet zu Ionenkanalerkrankungen, im ALS-FTLD-Register Schwaben, in der European MH Group und im Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) Ulm. Seit der Etablierung eines eigenen Muskellabors in der Abteilung Neurologie wurde auch das zunehmende Interesse an Myositiden geweckt.

Mitarbeiter am Standort

Sprecherin: OÄ Dr. A. Rosenbohm, Neurologische Universitätsklinik im RKU
Stellvertreter: Prof. Dr. J. Weishaupt, Neurologische Universitätsklinik im RKU
Wissenschaftlicher Sekretär: OA Dr. J. Dorst, Neurologische Universitätsklinik im RKU

Klinische Ausstattung, Ambulanzen und innerklinische Kooperationen

Das NMZU hat eine virtuelle Struktur mit verschiedenen Eintrittspforten für Patienten. Zentral für die Versorgung ist das Universitäts- und Rehabilitationskrankenhaus Ulm (RKU) mit der universitären neurologischen Klinik. Diese bietet 66 Akut-Betten (einschließlich Frührehabilitation Phase B) sowie weiteren fachneurologisch betreuten Betten der Rehabilitationsstufen C und D und ein differenziertes und auf die Patientenbedürfnisse abgestimmtes Behandlungskonzept von der akutstationären Therapie bis zur rehabilitativen Versorgung. Sämtliche apparativen Untersuchungsverfahren einschließlich der kompletten radiologischen Diagnostik wie Magnetresonanztomographie (= Kernspintomographie), Computertomographie und Röntgendiagnostik stehen der Klinik zur Verfügung. Nachstationär werden Patienten in unserer neurologischen Hochschulambulanz in Spezialsprechstunden betreut. Insgesamt werden am NMZU Patienten vor allem durch Spezialsprechstunden und -laboratorien im RKU, im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ), an regionalen Lehrkrankenhäusern und engagierten Praxen betreut.

Neben der gängigen neurologischen Zusatzdiagnostik wird bei uns sowohl Muskel-MRT im Hause als auch ein eigenes Muskellabor (ca. 100 Biopsien/Jahr) vorgehalten. Für Schluckstörungen besteht eine eigene Ambulanz inclusive FEES-Diagnostik.

Spezialsprechstunden:
  • Neuromuskuläre Ambulanz: OÄ Dr. A. Rosenbohm, Dr. A. Wassner, Dr. T. Fangerau
  • Ambulanz für Schluckstörungen: OA Dr. Neugebauer
  • Sprechstunde für Motoneuronerkrankungen: Prof. Dr. J. Weishaupt, Dr. J. Dorst, Dr. K. Goder, Dr. A. Hübers, Dr. U. Weiland, Dr. E. Langer, Dr. S. Endruhn, Dr. T. Fangerau, Dr. D. Brenner, Dr. W. Ruf
  • Palliativsprechstunde inkl. nicht-invasiver Beatmung im RKU: OA Dr. J. Dorst, Dr. Endruhn
  • Kardio-MRT: Dr. Buckert
  • Skoliosesprechstunde: OA Dr. Erne, Kindersprechstunde: OÄ Dr. R. Taurman, Orthopädische Universitätsklinik im RKU
  • Sozialpädiatrische Sprechstunde: Prof. Dr. H. Bode, Sozialpädiatr. Zentr. (SPZ
  • Sport- und Rehabilitationsmedizinambulanz: Prof. Dr. J. M. Steinacker
  • Sprechstunde für invasiv beatmete Patienten im RKU: CA Dr. Jörg Winckelmann, Dr. K. Wollinsky (OA i.R.)
  • Sprechstunde für Logopädie: B. Lindner-Pfleghar
Speziallaboratorien:
  • Elektrodiagnostiklabor: OÄ Dr. A. Hübers
  • Genetische Beratung: Prof. Dr. G. Borck, Univ. Ulm
  • Muskellabor: OÄ Dr. A. Rosenbohm, Dr. A. Wassner
Laufende Studien zur Myositis

Eine Studie zur Wertigkeit der kardialen Magnetresonanztomographie (MRT) bei Myositiden wurde für die Einschlusskörperchenmyositis durchgeführt. Frühere Studien unterstreichen den hohen Nutzen der kardialen MRT sowie die deutliche Überlegenheit dieser Methode gegenüber der standardmäßig durchgeführten Echokardiographie bei Patienten mit anderen neuromuskulären Erkrankungen. Inzwischen soll für verschiedene neuromuskuläre Erkrankungen ein „Katalog“ erstellt werden, welche Erkrankungsformen mit einer Herzmuskelbeteiligung einhergehen und wie diese ausgeprägt ist. Kardio-MRT Studien werden derzeit bei Einschlusskörperchenmyositis und Kennedy-Syndrom durchgeführt (Dr. Rosenbohm, Dr. Buckert, Prof. Bernhardt).

Wissenschaftliche Schwerpunkte und experimentelle Methoden

Für die Motoneuronerkrankungen/ALS sind bisher mehr als 4.000 Lymphoblastenkulturen angelegt. Im Rahmen der Motoneuronerkrankungen/ALS-Genbank wurde die bestehende Kooperation mit anderen Kliniken Deutschlands (unter anderem München, Hannover, Berlin, Lübeck, Bochum, Jena) weitergeführt und ausgebaut. Zusätzlich wurde das vom BMBF-geförderte ALS-Netzwerk MND-NET, welches eine deutschlandweite multizentrische Patienten-Datenbank mit einer standardisierten Biomaterial-Bank verbindet, weiterausgebaut.

Seit 2010 erhebt das ALS Register Schwaben mit der angegliederten Fall-Kontroll-Studie erste epidemiologische Daten in Deutschland zur Inzidenz und Prävalenz der ALS. Das Register hat eine sehr hohe Vollständigkeit der erfassten Fallzahlen aufzuweisen (81%) und wird fortlaufend geführt in enger Kooperation mit 40 Kooperationspartnern in neurologischen und psychiatrischen Kliniken und Praxen sowie den umliegenden Universitätskliniken. Unter Leitung von Prof. Ludolph und Fr. Dr. Rosenbohm werden die epidemiologischen Daten von Fr. Prof. Nagel, Prof. D. Rothenbacher und Mitarbeitern epidemiologisch bewertet und in eine Datenbank aufgenommen. Im Jahr 2014 wurde das Register um die frontotemporale Lobärdegeneration, einer dem neurodegenerativen Spektrum zuzuordnenden Erkrankung mit assoziierten pathologischen und genetischen Überschneidungen zur ALS, erfolgreich erweitert.

Mit genetischen Studien zur familiären ALS wurden in 2015 durch Assoziationstestung sowie Segregationsanalyse von Gesamt-Exom-Sequenzdaten von mehr als 250 ALS-Familien und 800 Kontrollpersonen der Autophagie-Regulator TBK1 als neues ALS-Gen indentifiziert werden. Nach weiteren Screening-Ergebnissen gehört TBK1 mittlerweile zu den 4 am häufigsten mutierten bekannten ALS-Genen in Europa.

Weiter Erwähnenswertes:

Wir führen 2-3x jährlich ein spezielles Muskelkolloquium durch, bei dem eigene Fälle präsentiert und diskutiert werden, welches für kooperierende und niedergelassene Kollegen mit Fortbildungscharakter gehalten wird.

Kontaktmöglichkeiten

Dr. A. Rosenbohm (angela.rosenbohm@uni-ulm.de, Telefon 0731 5006 3001)

Schlüsselpublikationen der vergangenen Jahre
  • Rosenbohm A, Nagel G, Peter S, et al.. Results From the ALS Registry Swabia on the Association of Serum Retinol-Binding Protein 4 Serum Concentrations With Risk for and Prognosis of Amyotrophic Lateral Sclerosis. JAMA Neurol. 2018 Feb 26. doi: 10.1001/jamaneurol.2017.5129.
  • Rosenbohm A, Schmid B, Buckert D, Rottbauer W, Kassubek J, Ludolph AC, Bernhardt P. Cardiac Findings in Amyotrophic Lateral Sclerosis: A Magnetic Resonance Imaging Study. Front Neurol. 2017 Sep 27;8:479.
  • Rosenbohm A, Buckert D, Gerischer N, Walcher T, Kassubek J, Rottbauer W, Ludolph AC, Bernhardt P. (2015). Early diagnosis of cardiac involvement in idiopathic inflammatory myopathy by cardiac magnetic resonance tomography. J Neurol. 2015 Apr;262(4):949-56.
  • Rosenbohm A, Peter RS, Erhardt S, Lulé D, Rothenbacher D, Ludolph, AC, Nagel G and the ALS Registry Study Group. Epidemiology of Amyotrophic Lateral Sclerosis in Southern Germany, Journal of Neurology 2017 Apr;264(4):749-757.
  • A. Rosenbohm, H.-P. Müller, A. Hübers, A. C. Ludolph, J. Kassubek: „Corticoefferent pathways in pure lower motor neuron disease: a diffusion tensor imaging study“ (Journal of Neurology (2016); 263 (12): 2430-2437)
  • Weydt P, Sagnelli A, Rosenbohm A, Fratta P, Pradat PF, Ludolph AC, Pareyson D. Clinical Trials in Spinal and Bulbar Muscular Atrophy-Past, Present, and Future. J Mol Neurosci. 2015 Nov 14. [Epub ahead of print]
  • Steinacker P, Feneberg E, Weishaupt J, Brettschneider J, Tumani H, Andersen PM, von Arnim CA, Böhm S, Kassubek J, Kubisch C, Lulé D, Müller HP, Muche R, Pinkhardt E, Oeckl P, Rosenbohm A, Anderl-Straub S, Volk AE, Weydt P, Ludolph AC, Otto M. Neurofilaments in the diagnosis of motoneuron diseases: a prospective study on 455 patients. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2015 Aug 21. pii: jnnp-2015-311387. doi: 10.1136/jnnp-2015-311387. [Epub ahead of print]
  • Freischmidt A, Müller K, Zondler L, Weydt P, Mayer B, von Arnim CA, Hübers A, Dorst J, Otto M, Holzmann K, Ludolph AC, Danzer KM, Weishaupt JH. Serum microRNAs in sporadic amyotrophic lateral sclerosis. Neurobiol Aging. 2015 Sep;36(9):2660.e15-20.
  • Freischmidt, A., T. Wieland, B. Richter, W. Ruf, V. Schaeffer, K. Muller, N. Marroquin, F. Nordin, A. Hubers, P. Weydt, S. Pinto, R. Press, S. Millecamps, N. Molko, E. Bernard, C. Desnuelle, M.H. Soriani, J. Dorst, E. Graf, U. Nordstrom, M.S. Feiler, S. Putz, T.M. Boeckers, T. Meyer, A.S. Winkler, J. Winkelman, M. de Carvalho, D.R. Thal, M. Otto, T. Brannstrom, A.E. Volk, P. Kursula, K.M. Danzer, P. Lichtner, I. Dikic, T. Meitinger, A.C. Ludolph, T.M. Strom, P.M. Andersen, and J.H. Weishaupt, Haploinsufficiency of TBK1 causes familial ALS and fronto-temporal dementia. Nat Neurosci, 2015, Mar 24. doi: 10.1038/nn.4000. [Epub ahead of print]