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Am 2. Weltmyositiskongress haben über 300 Teilnehmer aus 22 Ländern teilgenommen. Darunter Vorsitzende der englischen, französischen, amerikanischen und deutschen Myositis Patientengruppen. Vom Myositis Netz waren acht Mitglieder vor Ort. Studien und Forschungsergebnissen wurden per Power Point und Poster Präsentationen dargestellt. Es gab die Möglichkeit, diese Ergebnisse mit den jeweiligen Referenten zu diskutieren. Die englische Patientengruppe „Myositis UK“ konnte durch eigene finanzielle Mittel 10 Doktoranden/Doktorandinnen die Teilnahme am Kongress ermöglichen. Es gab Sitzungen speziell für angehende Ärzte und für Patienten- (Gruppen).

Am ersten Kongresstag gab es vormittags einen kompletten „Mini-Kongress“ nur zur juvenilen Myositis. Ich habe mich mit den anderen Vorsitzenden der Patientengruppen über die Arbeit für die Betroffenen ausgetauscht, mir die ausgestellten Poster angeschaut und mich mit den anwesenden Ärzten und Doktoranden über aktuelle Studien, Wirksamkeit von Therapien, etc. unterhalten.

Alle Kongress-Teilnehmer im Franklin BallRoom
Alle Kongress-Teilnehmer im Franklin BallRoom

Im Folgenden werde ich drei herausragende Vorträge bzw. Poster näher erläutern

Der gleiche Muskel – vor, während und nach der Therapie

Beeindruckend war u.a. der Vortrag von Robert Griggs, MD, „Global Opportunities and Callenges for Future Neuromuscular Clinical Trials.) Er zeigte drei Bilder einer Biopsie des gleichen Muskels. Einmal vor, während und nach der Therapie eines Patienten mit jDM. Vor und nach der Behandlung war in dem Biopsat eindeutig eine jDM zu erkennen. Während der Behandlung mit Imuran (Immunsupressiva- Azathioprin) war aber kein Nachweis einer jDM zu finden.

Nutzen von IVIG-Thearpie bei IBM

Das ausgestellte Poster „Long-term-observational study of patients with inclusion body myositis (IBM) receiving intravenous immunglobulin (IVIG) von Professor Jens Schmidt, Götz Gisch, Per-Ole Carsten, Uni-Klinik Göttingen präsentierte die Ergebnisse dieser Studie. Daraus ging eindeutig hervor, dass IBM Patienten einen Nutzen aus der Therapie mit IVIG haben. Diese belegte, dass die Patienten ihre Muskelkraft länger erhalten konnten, später auf Gehstöcke und einen Rollstuhl angewiesen waren, als die Vergleichsgruppe ohne Immunglobuline. Somit findet sich hier ein Beweis, dass eine IVIG Therapie auch für IBM Patienten einen medizinschen/therapeutischen Nutzen hat.

Posterausstellung 1 bearbeitet

Myositis und Antikörper

Ingrid Lundberg, MD, berichtete in ihrem Vortrag „Autoimmune Reactions Targeting Muscle“, über die Entstehung von FHL1 Antikörpern. Wie es genau zu der Umwandlung eines körpereigenen Proteins in eben diesen kommen kann, wäre in zu erfolgenden Studien noch zu klären. In ihrer Zusammenfassung erklärt sie:

  • α FHL1 Antikörper wurden nachgewiesen in Myositis Patienten (25%)
  • α FHL1 AK sind myositisspezifisch
  • Sind assoziiert mit Dysphagie und schlechter Prognose bezüglich des Krankheitsverlaufs
  • Differenzierte Muster vom FHL1 Antigenen in Muskelbiopsien von Myositispatienten verglichen mit gesunden Kontrollgruppen
  • FHL1 ist ein Substrat des Schnittenzyms Granzym B, und könnte den Beginn einer autoimmunen Reaktion von diesem Protein fördern
  • Immunisierung/Impfung einer Myositis anfälligen Maus mit FHL1 führt zu verstärkter Muskelschwäche und erhöhter Sterblichkeit/Todesfällen.
  • FHL1 könnte eine Rolle in der Pathogenese von einigen Myositispatienten haben

Desweiteren gibt es sehr interessante Neuigkeiten im Hinblick auf kindliche/juvenile Myositis.  Bis jetzt waren Mediziner überwiegend der Meinung, dass juvenile Myositis meistens heilbar ist. Das scheint aber leider so nicht ganz der Fall zu sein. Ingrid Lundberg hat in einem Vortrag erklärt, dass Kinder üblicherweise ca. 5 Jahre mit Medikamenten (Aza, Kortison etc.) behandelt werden und man diese dann ausschleicht. Meistens bleiben die Kinder auch erst stabil und es tritt eine Remmission ein, dann aber bricht die Myositis wieder durch. Das geschieht öfter, als bisher angenommen, was den Rückschluss zulässt, dass juvenile Myositis zum Teil schwer behandelbar und nicht immer/so oft heilbar ist. Frau Lundberg hat desweiteren vorgetragen, dass sie ein Kind immer auf Myositis behandelt, wenn einige Faktoren darauf hinweisen, auch wenn keine positiven Antikörper vorhanden sind. Das neue Editorial „A New Classification of Adult Autoimmune Myositis“, vom American College of Rheumatology, zeigt, dass man mindestens bei Erwachsenen mit Myositis so vorgehen sollte. Aus diesem geht hervor, dass nur 60 – 80 % aller Myositispatienten positive Antikörper haben. Bei vielen, die negative AK’s haben, muss man wohl davon ausgehen, dass sie zwar Antikörper haben, diese aber zum jetzigen Zeitpunkt weder erforscht noch benannt sind. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Annahme auch bei Kindern zutreffend ist.

Bob Goldberg, Executive Director „The Myositis Association“ (TMA), bedankte sich am letzten Tag bei allen Anwesenden und vor allem galt sein Dank den Vertretern der internationalen Patientengruppen vor Ort. Er leitet die TMA seit 15 Jahren und appelliert, dass die Wohltätigkeitsarbeit einen noch größeren Stellenwert in der Welt einnehmen muss. Er wird sich weiter für bessere Behandlungsmöglichkeiten ohne Nebenwirkungen einsetzen und möchte erreichen, dass weniger Patienten fehldiagnostiziert werden. Er möchte eine bessere Behandlung für die komplizierteren Fälle im Bereich der Myositiserkrankungen: 1. ILD (instertielle Lungenerkrankung), 2. Dysphagie, 3. Calcinosis (Kalzinose), 4. ASS und OM.

Bob Goldberg, Executive Director "The Myositis Association" (TMA)
Bob Goldberg, Executive Director „The Myositis Association“ (TMA)

Er zeigte per Power Point zwei einzelne Wörter: CURE und COLLOABORATION = Heilung und Zusammenarbeit.

Seine Prioritäten für die Zukunft in der Myositis sind: 1. IBM Behandlung, 2. FDA (Food and Drug Administration) genehmigte/bewährte Behandlungen, 3. Bessere Behandlung für DM, PM und jDM, 4. Bessere Diagnostik Ein Ziel in Amerika ist es, mehr örtliche Institutionen zu schaffen, die die Informationen über Myositis haben, um die Betroffenen bestmöglich zu informieren und zu behandeln. Bob Goldberg sagte, dass die Notwendigkeit besteht, dass jeder seinen Beitrag leistet, die Myositis bekannter zu machen. Und das geschieht schon nur, indem man darüber zu anderen spricht.

Mein Fazit

Abschließend kann ich sagen, dass alle Anwesenden begeistert waren, dass so viele Teilnehmer vor Ort waren und die Myositis–Familie gewachsen ist. Die Studien und Präsentationen sind beeindruckend und zeigen, dass mit Hochdruck an dem Warum, dem Wer, Wie behandelt man Myositis, Wo gibt es Unterschiede, Welche Therapien sind geeignet, usw. geforscht wird und es auch schon Ergebnisse gibt. Alle anwesenden Ärzte sind sich aber einig, dass viele Studien vertieft, intensiviert und verfeinert werden müssen, um ausreichend Aussagekraft zu haben.

Im folgenden liste ich noch eine Auswahl an Themen aus den Vorträgen der Referenten auf:

Forschungen und Studien zu juveniler Myositis:

  • Lösen Umweltfaktoren Myositis bei Kindern aus?
  • JDM leicht zu verwechseln mit Lupus, Duchenne, LGMD?
  • Anti-NT5CT1A (cN1A) Antikörper kommt häufig bei juveniler Myositis vor und ist assoziiert mit Erhöhung der Schwere der Erkrankung
  • Vaskulopathie bei jDM
  • Subklinische, linksventrikuläre Fehlfunktion bei jDM Patienten
  • Prioritäten für die Zukunft bezüglich Basisforschung, klinischer Forschung und translationaler Forschung in der jDM

Forschung und Studien im Vergleich Kinder <-> Erwachsene und Kinder+ Erwachsene:

  • Welche Antikörper sind bei Kindern im Gegensatz zu den Erwachsenen mit DM zu finden?
  • Lösen Umweltfaktoren bei Kindern oder Erwachsenen Myositis aus ?
  • Prioritäten bezüglich Myositis bei Kindern und Erwachsenen
  • Berichte über Ergebnisse von Patienten mit PM, DM und IBM, jDM
  • Der Tif1γ Antikörper ist bei Erwachsenen oft mit Krebs assoziiert, bei Kindern aber nicht

Forschungen und Studien zu Myositis bei Erwachsenen:

  • Welchen Einfluss hat eine genetische Komponente ?
  • Verwendung von Genetik und Genomforschung um autoimmune Erkrankungen zu verstehen
  • Neue Entwicklungen in der Genetik von Einschlusskörpermyositis
  • Infektiöse und Atemrisikofaktoren bei idiopathischen, entzündliche Myopathien
  • Antikörper Standardisierung und Entdeckung
  • Up-Date Neuropathologie in Myositis, IMNM / IBM vs. Anti Synthetase Pathologie
  • Pathologie und Biomarker von Hauterkrankungen bei DM·         MRI / MRT bei IBM
  • Manuelle Muskeltests und Hand-Held- Dynamometer bei Patienten mit entzündlicher Myositis
  • Biomarker von interstitielle Lungenerkrankung und extramuskulären Komplikationen
  • Neue Ansätze der Phenotypisierung von Autoimmunerkrankungen bezüglich Dominanz von Haut, Muskel und Lunge
  • Myositisspezifische Antikörper und was sie uns über die verschiedenen Formen der Myositis erzählen
  • Genetische und umweltbedingte Risikofaktoren in entzündlichen Muskelerkrankungen
  • Herzerkrankungen und Myositis
  • Rolle des SRP- und HMGCR- Antikörper bei Nekrotisierender Myopathie
  • Muskelregeneration und – reparatur
  • Prognose für Erwachsene mit Myositis
  • Lungenerkrankung als Wegweiser der Prognose
  • Einfluss der myositisspezifischen Antikörper auf das Überleben der Patienten mit PM und DM
  • Das EuroMyositisRegister

 

Ich bedanke mich bei der DGM und der Diagnosegruppe Myositis, die eine Teilnahme meinerseits an diesem so wichtigen und interessanten Kongress ermöglicht haben. Für Rückfragen stehe ich jederzeit sehr gerne zur Verfügung und möchte abschließend mitteilen, dass der 3. Weltmyositiskongress 2019 in Berlin stattfinden wird.

(Bericht von Silke Schlüter, Vorsitzende der Diagnosegruppe Myositis)