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Entstehung von Schmerzen bei Myositis und mögliche Therapieoptionen

Frau Dr. Anne-Katrin Güttsches, Ärztin für Neurologie in der Uniklinik Bochum, präsentierte einen informativen Vortrag und beantwortete im Anschluss Fragen. Frau Dr. Güttsches ging auf drei Punkte ein:

  1. Wie entsteht Schmerz bei Myositis?
  2. akuter und chronischer Schmerz
  3. Schmerztherapie bei Myositis

Wie entsteht Schmerz bei Myositis?

Frau Dr. Güttsches erläuterte als erstes, was bei einer Myositis im Muskel passiert.

Die Myositis ist das Ergebnis einer Entzündungsreaktion der Muskelfasern durch eine „Überreaktion“ des Immunsystems. Es werden Muskelfasern zerstört und Botenstoffe für weitere Entzündungszellen freigesetzt. Dabei ist ein Muskelabbau unumgänglich, der Muskel wird schwächer, der Patient schont sich und es kommt zu einem Muskelabbau.

Die Entzündungszellen in den Muskelfasern setzen ihrerseits Botenstoffe frei, welche Schmerzen auslösen können. Zusätzlich entstehen Fehlbelastungen durch ein Ungleichgewicht der Muskeln, welche zu zahlreichen schmerzhaften Muskel- und Skeletterkrankungen führen können.

Akuter und chronischer Schmerz

Als nächstes beschrieb Frau Dr. Güttsches die Unterschiede zwischen chronischen und akuten Schmerzen.

Akuter Schmerz Chronischer Schmerz
– er ist zeitlich und lokal im Köper begrenzt – sind langanhaltend, mindestens 3 Monate
– er hat meist eine klare Ursache – haben keine Warnfunktion mehr
– er hat eine Alarmfunktion, um Gewebsschädigungen zu vermeiden – kann viele Ursachen haben oder nach einer Krankheit bestehen bleiben
– er ist abhängig von der Reizintensität – sind oft nicht genau lokalisierbar
– er klingt in der Regel von selbst ab, sobald die auslösende Ursache geheilt und beseitigt worden ist – es kann sich eine eigene Schmerzkrankheit entwickeln

Schmerztherapie bei Myositis

Die Schmerztherapie bei Myositis sollte nach einem individuellen Therapiekonzept, als multimodale Schmerztherapie erfolgen. Diese beinhaltet die medikamentöse Therapie, Physiotherapie, Psychotherapie und alternative Verfahren.

Die medikamentöse Therapie setzt sich aus der Basistherapie (Entzündungshemmer, wie Cortison oder Immunsupressiva) und der sympthomatischen Schmerztherapie zusammen. Hier kann man bei leichten oder nur zeitweise auftretenden Schmerzen nach Bedarf Medikamente einnehmen, wie z.B. Novalgin oder Ibuprofen. Bei stärksten Schmerzen empfehlen sich Tilidin oder auch Morphinpräparate. Wenn die Schmerzen schon chronisch sind, sind Antiepilepktika und Antidepressiva die erste Wahl.

Die physiotherapeutische Therapie muss individuell an den Patienten angepasst werden und besteht aus regelmäßigem Ausdauertraining (Bewegungstherapie, kein Kraftsport). Zweimal wöchentliches Training und eine Intensivierung durch Reha-Behandlung in einer spezialisierten Klinik wären optimal. Wenn nötig, sollten Logopädie und Ergotherapie ergänzend durchgeführt werden.

Bei der psychotherapeutischen Therapie werden die psychischen Belastungen und der Umgang des Patienten mit den Schmerzen untersucht. Es werden Verfahren zur Schmerzbewältigung trainiert, wie z.B. eine Verhaltenstherapie und Entspannungstherapie. Auch alternative Verfahren können hilfreich sein, wie z.B. Akupunktur oder Osteopathie.

Frau Dr. Güttsches ging auch auf die Cannabistherapie ein, auf deren Wirkung und Nebenwirkungen. Diese Therapie ist belang nicht zur Schmerztherapie zugelassen und unterliegt einer Einzelfallentscheidung in einem spezialisierten Zentrum.

Im Anschluss gab es zahlreiche Fragen aus dem Publikum:

> Soll man Schmerzmittel nach Bedarf oder ständig nehmen?
Frau Dr. Güttsches: „Dies ist eine individuelle Entscheidung“

> Wie lange hält der Körper die Einnahme von Schmerzmitteln aus?
Frau Dr. Güttsches: „Es gibt über dieses Thema keine Erfahrungen oder Studien“

> Kann man herausfinden, welches Schmerzmittel für den Betroffenen optimal wäre?
Frau Dr. Güttsches: „Nein“

> Welche Schmerzmittel sollte man bei mehreren Erkrankungen einnehmen?
Frau Dr. Güttsches: „Dies ist eine Risiko-Nutzenabwägung und kann nur mit dem Arzt zusammen entschieden werden

> Sind bei einer Langzeitbehandlung 5 mg Cortison unbedenklich?
Frau Dr. Güttsches: „Ja“

> Gibt es einen Unterschied der Entstehung von Schmerzen bei der IBM und den anderen Myositisarten?
Frau Dr. Güttsches: „Bei der IBM entstehen die Schmerzen in erster Linie durch Fehlbelastungen, bei den anderen Myositisarten durch Entzündungen der Muskelfaser. Auch gibt es Unterschiede im Muskelstoffwechsel, dieser kann bei „Entgleisungen“ auch Schmerzen verursachen“

(Bericht: Ina Krause)