3. Fachsymposium Myositis „Hilfe und Beratung für Körper und Seele“  

Es entspricht schon einer Tradition, dass die Diagnosegruppe Myositis in der DGM zu einem Fachsymposium nach Ludwigshafen einlädt. So konnte Ulrike Gentner, stellvertretende Direktorin des Heinrich-Pesch-Hauses (Kath. Akademie Rheinland-Pfalz) ein gut gefülltes Auditorium aus Betroffenen und deren Angehörigen zu dieser Veranstaltung am 26. und 27. Mai 2018 begrüßen. Sie verwies auf die gute Kooperation der Diagnosegruppe Myositis mit ihrer Weiterbildungseinrichtung. Solche Tagungen seien geeignete Foren, die Problematik von chronischer Krankheit mit ihren Auswirkungen auf Körper und Seele in ihrer ganzen Tragweite zu beleuchten.

Fachsymposium 2018 Webseite

Silke Schlüter, Vorsitzende der Diagnosegruppe, erinnerte zunächst in einer Schweigeminute an die kürzlich verstorbenen Mitglieder Christine Grupe, Harry Dyga und Hannes Schmitz-Hübsch. In ihren weiteren Ausführungen sprach sie die Gründung von „Aktion Myositis“ in 2010 durch Prof. Dr. Jens Schmidt (Uni Göttingen), Dr. Martin Taylor und Sigrun Matthiesen an. 2012 war aus dem eher losen Verbund dann die Diagnosegruppe Myositis entstanden. Mittlerweile ist ein Myositis Netzwerk als Instrument der Verknüpfung zahlreicher Institutionen, die sich mit der Krankheit befassen, geschaffen worden. Silke Schlüter gab einen detaillierten Überblick über die anstehenden Aktivitäten und deren Finanzierung, wobei sie auf die Notwendigkeit öffentlicher und privater Spenden mit Dringlichkeit hinwies. Es war eine besondere Ehre, dass der neue Geschäftsführer der DGM, Herr Joachim Spross, es sich nicht hatte nehmen lassen, persönlich Grußworte an die Teilnehmer zu richten und die Notwendigkeit des Austausches von Erfahrungen und Fachwissen innerhalb der Selbsthilfegruppen zu unterstreichen. Er betonte, dass die Diagnosegruppen stets die tatkräftige Unterstützung der DGM genießen.


Gesunde Mischkost ist alles!

Herr Prof. Dr. Roman Huber vom Universitätsklinikum Freiburg erläuterte in einem rhetorisch brillanten Vortrag die Fragen der Ernährung und der Naturheilkunde im Zusammenhang mit chronischen, neuromuskulären Erkrankungen. Prof. Huber wies auf mögliche Ursachen dieser seltenen Erkrankungen (Genetik, Autoimmunität, Tumore, Infekte, Medikamente) und die verschiedenen Therapieansätze hin, zu denen er auch die Ernährung zählt. Weitere Ausführungen in seinem Vortrag befassten sich mit den beiden grundlegenden Ernährungsformen ketogen (eiweißreich) und vegan (eiweißarm), aus denen bestimmte Therapien entwickelt werden können. Grundsätzlich sieht Prof. Huber in der Ernährung ein Instrument zur Beeinflussung von Entzündungsprozessen. In seinem Vortrag brachte er Beispiele von pflanzlichen, mineralischen Substanzen und Vitaminen, die zu einem günstigeren Verlauf der Krankheit und einer Reduzierung von Schmerzen führen können. Er wies allerdings auch darauf hin, dass es zu diesem Fragenkomplex noch gezielter Versuchsreihen bedarf. Der Dank des Auditoriums zeigte, dass Prof. Huber mit seinen Ausführungen Neuland aufgezeigt hatte und auf großes Interesse gestoßen war.

-> Zum kompletten Vortrag von Prof. Huber


Auf die Ausdauer kommt es an!

Michael Jehne, Betroffener mit Polymyositis ging in einem sehr persönlichen Vortrag der Frage der Remission bei dieser Krankheit nach. Er fragte nach der Möglichkeit der Reduktion von Symptomen und Schmerzen. Anhand seines persönlichen Schicksals erläuterte er den klassischen Leidensweg eines Myositis-Patienten, wobei er den Einsatz von medikamentösen und technischen Hilfsmitteln beschrieb: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Akupunktur sind geeignete Instrumente, dem Ziel einer Remission nahe zu kommen. Sein besonderes Augenmerk richtete der Referent auf die Vojta-Therapie als eine besondere Form der Physiotherapie. Auch Psychotherapie und klinische Reha-Maßnahmen sind laut Michael Jehne geeignete Hilfen, chronische Erkrankungen positiv zu beeinflussen.

– > Vortrag von M. Jehne zum Anhören auf YouTube


Das Myositidenspektrum!

Nach einem Mittagessen befasste sich der großartige und umfangreiche Vortrag von Dr. Jana Zschüntzsch von der Universitätsmedizin Göttingen mit Fragen der Myositis-Forschung im Hinblick auf ihre klinische Anwendung. In zahlreichen Bilddokumenten zeigte die Referentin die verschiedenen Formen von Myositis-Erkrankungen auf und erläuterte dazu die entsprechenden Methoden der Behandlung.

-> Vortrag von Frau Dr. Zschüntzsch zum Anhören auf YouTube

-> Zum kompletten Vortrag von Frau Dr. Zschüntzsch


Wie geht es Dir, wie geht es mir?

Neben den vielfältigen Fragen zu Entstehung und Verlauf von Myositis-Erkrankungen war ein wesentlicher Ansatz dieses Fachsymposiums die Frage: „Wie gehe ich mit der Erkrankung (vor allem in der Partnerschaft) um?“. Zu diesem Fragenkomplex wurden vier Workshops gebildet, die Silke Schlüter und Michael Jehne für die Betroffenen sowie Thorsten Schlüter und Klaus Jürgen Tack für die Angehörigen leiteten. In diesen Gesprächsrunden hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, ihre persönlichen Erfahrungen und Probleme in offener Aussprache darzulegen. Am Ende dieser Gespräche stand die Erkenntnis, dass sich mit der Möglichkeit, Sorgen und Nöte darzulegen, auch Wege der Alltagsbewältigung öffnen können.


Nach dem Abendessen – der Wettergott hatte es gut gemeint – fanden die Teilnehmer auf der Terrasse in vielfältigen Gesprächen untereinander die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und alte Bekanntschaften aufzufrischen. Interessant war, zu erfahren, wie individuell Betroffene und Angehörige mit ihrer Situation umgehen und entsprechende Lösungen finden.


Habe ich alle praktischen Möglichkeiten ausgeschöpft?

Der zweite Tag des Symposiums begann mit einem rhetorisch hervorragenden Referat von Frau Susanne Hylla, Sozialberaterin der DGM Oldenburg, die sich der Themen Reha, Schwerbehinderung, Rente aus dem Praxisalltag der Sozialberatung der DGM annahm. Die Referentin vermochte in ihrer zugewandten Art die Zuhörer einzubinden und die eher trockene Materie lebendig zu gestalten. Entsprechend ihrer Vorstellung entwickelte sich ihr Referat zu einem angeregten Dialog zwischen ihr und ihrem Publikum. Die DGM unterstützt seit jeher Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen und arbeitet eng mit den neuromuskulären Zentren zusammen. Einen breiten Raum nahm im Vortrag von Frau Hylla das Thema Schwerbehindertenausweis mit all seinen Details ein. Steuerliche Freibeträge, Nachteilsausgleich, Kündigungsschutz, Arbeitsplatzausstattung, Ansprüche, Widerspruch gegen Feststellungsbescheide, medizinische Rehabilitation, Kostenträger, Erwerbsminderungsrente u.a., all diese Themen praktischer Lebensbewältigung wurden ausführlich behandelt.

-> Zum kompletten Vortrag von Frau Hylla


Myositisforschung ist wieder „in“!

Auf Initiative von Betroffenen war 2017 die Idee eines Myositis Nachwuchs Forschungspreises entstanden. Ziel soll es sein, dass mehr als bisher im Bereich der wissenschaftlichen Forschung Untersuchungen zu dieser seltenen Erkrankung durchgeführt werden. Der Preis ist zunächst auf fünf Jahre angelegt und wird durch ein Gutachtergremium der DGM jährlich ein Mal vergeben. Der erste Preisträger wurde 2018 benannt. Es ist Dr. Ali Afzali, gebürtiger Afghane, der in Münster und München studiert hat und gegenwärtig an der Technischen Universität München, Klinikum Rechts der Isar, arbeitet und forscht. Seine Dissertation befasst sich mit dem funktionellen Einfluss von Zwei-Poren-Kalium-Kanälen auf die physiologischen Eigenschaften von Skelettmuskelzellen (siehe hierzu den Artikel von Silke Schlüter im Muskelreport 2/18 oder auf unseren Webseiten.) Der hochwissenschaftliche Vortrag hinterließ bei den Zuhörern einen starken Eindruck und zeigte, dass die Myositis-Forschung mit neuer Dynamik Einzug in die universitäre Grundlagenarbeit gehalten hat.


Wie und Wo setze ich Grenzen!?

Als letzte Rednerin des Sonntags fasste Silke Schlüter die Kernaussagen der Workshops vom Vortag zusammen. Zu diesen gehörte, dass jeder Betroffene sein eigenes Tempo hat die Erkrankung anzunehmen und sich nach außen zu öffnen. Weiterhin ist es immens wichtig, dass sich beide Partner ihren eigenen Lebensraum bewahren und ihre persönlichen Grenzen klar definieren. Silke Schlüter wies auf das Projekt „Workshops für Paare- im Umgang mit der Erkrankung“ der Katholischen Hochschule hin.


Und zu guter Letzt ein frommer Wunsch!

Nach zwei Tagen intensiver Zusammenarbeit ging man auseinander mit der Gewissheit, an einem überaus informativen und in der Stimmung harmonischen Symposium teilgenommen zu haben und mit der Hoffnung, sich in zwei Jahren wieder an gleicher Stelle begegnen zu können.


Ein sehr großer Dank gebührt Jana Schmitz-Hübsch, für die perfekte Planung und Zusammenarbeit im Vorfeld und für die hervorragende Moderation dieses dritten Myositis Symposiums.

Des Weiteren bedanken wir uns bei der Siemens Betriebskrankenkasse für die Finanzierung des Fachsymposium Myositis.

Bericht: Josef und Denis Dumm & Silke Schlüter